Im März 2025 gibt es zum zweiten Mal für mich mit dem Zug nach Sizilien. Nachdem ich vor 3,5 Jahren im Osten der Insel war (siehe Beitrag hier), sollte es diesmal in den Westen der großen Mittelmeerinsel gehen.

Wohin die Reise genau gehen sollte, stand am ersten Tag tatsächlich noch gar nicht fest. Mit zwei Freunden und je einem 5-Tage-Interrail-Pass auf dem Handy fuhren wir am Ersten Tag über München mit dem Direktzug bis nach Bologna. Dort planten wir unsere weitere Route anhand der Wettervorhersage in verschiedenen Regionen des Landes.
Bologna ist eine wunderschöne Stadt, die besonders durch die vielen Arkaden heraussticht. Diese gibt es in nahezu allen Straßen der Stadt und sogar außerhalb der Stadt für 2km den Berg hinauf zum Santuario della Madonna di San Luca. Die vielen Türme in der Stadt und eine nie fertiggestellte Kathendrale sind weitere Highlights der Stadt. Außerdem ist es eine sehr fußgängerfreundliche Stadt, welche durch ein Tempo-30 Limit die Zahl der Verkehrstoten auf 0 im letzten Jahr senken konnte. Auch ein neues Tram-Netzwerk wird aktuell in Bologna gebaut, nachdem das alte Netz in den 60er Jahren stillgelegt wurde. Kurzgesagt: Bologna ist eine Stadt, von der viele Städte in Deutschland lernen können und die Verkehrswende gelebt wird.
Nach zwei Tagen in Bologna fuhren wir mit einem Frecciarossa am Morgen bis nach Salerno, dem südlichsten Punkt des italienischen Hochgeschwindigkeitsnetzes. Dort und im schnuckeligen Städtchen Vietri sul Mare, das in wenigen Minuten mit der Regionalbahn von dort zu erreichen ist, verbrachten wir den Tag. Am Abend gab es natürlich eine fantastische Pizza zum Essen. Um kurz vor 23 Uhr stiegen wir in den Nachtzug nach Palermo. Für einen Interrail-Tag ist nur die Abfahrtszeit eines Zuges relevant, für die Strecke von Bologna bis nach Palermo mussten wir somit nur einen Tag aktivieren.
Ich schlief gut und fest im Liegewagen, vom Verladen auf die Fähre und wieder herunter bekam ich diesmal nichts mit. Als ich am Morgen aufwachte, standen wir im Bahnhof von Capo d’Orlando. Leider ging es von hier auch nicht mehr weiter, da unser Zug aufgrund von Sturmböen nicht weiterfahren durfte. Nach einiger Zeit mussten wir in eine Regionalbahn umsteigen, die uns mit ca. 1,5 Stunden Verspätung nach Palermo brachte. Für die Unannehmlichkeiten bekamen wir von der Trenitalia eine Entschädigung von 25% auf unsere Reservierung, die über ein Onlineportal beantragt werden konnte. Sehr fair, wie ich finde.
Der Unterschied zwischen Bologna und Palermo könnte größer nicht sein. Auch wenn die Stadt ihr Mafia-Problem die letzten Jahre massiv zurückdrängen konnte, anscheinend ist es jetzt die sicherste Stadt Italiens, entsprechen einige Vorurteile weiterhin der Realität. So liegt abseits der Innenstadt sehr oft Müll in den Straßen, teils in horrenden Mengen. Als wir an der Küste entlang wandern waren, türmte sich auch dort der Plastikmüll. Zum Fahrradfahren läd die Stadt auch nicht gerade ein. Doch die Stadt hat auch ihre schönen Seiten. Da gibt es zum einen die gigantischen, teils hunderte von Jahren alten Gebäude in der Innenstadt. Und zum anderen viele kleine Gassen, und um jede Ecke neue Geschäfte und kleine Cafés die entdeckt werden wollen. Alles in allem hat mich Palermo positiv überrascht, es ist definitv sehenswert. Auch die Busfahrt zum Santuario di Santa Rosalia war ein Highlight, über viele Serpentinen geht es den Berg hinauf. Von oben hat man eine wunderschöne Aussicht auf die Stadt, das Meer und die herumliegenden Berge. Zum Santuario gibt es auch eine alte Straße, die inzwischen nur noch für Fußgänger und Fahrradfahrer freigegeben ist, auf der wir wieder den Berg herunterliefen.
Nach zwei Tagen in Palermo machten wir einen Tagesausflug nach Agrigento. Wir haben den Ort auswegwählt, da es dorthin eine gute Zugverbindung gibt und wir auf dem Rückweg im inneren der Insel wandern gehen wollten. Über die Stadt haben wir uns sonst nicht weiter erkundigt. Doch bereits vor Ankunft war uns klar, dass dort heute irgendein Event stattfinden muss. Auf den letzten Stationen war der Zug brechend voll, und auch auf der Straße, die neben der Zugstrecke verlief, standen die Autos Schlange.
Agrigento ist in diesem Jahr Kulturhauptstadt Italiens, und wir haben einen Tag erwischt an dem es einen großen Umzug mit verschiedenen Trachtenvereine aus verschiedenen Ländern durch die Stadt gab. Außerdem gab es viele Stände mit Essen oder kunstwandwerkliche Gegenstände – es war eine sehr willkommene Überraschung. Sogar ein Sonderzug auf der sonst nicht mehr im Betrieb befindlichen Strecke nach Porto Empedocle fuhr an diesem Tag, den wir aus Zeitgründen allerdings nicht nehmen konnten.
Auf dem Rückweg stiegen wir dann in Campofranco aus, der Bahnhof der uns bei der Hinfahrt zum Loswandern am meisten zugesagt hat. Zuerst besichtigten wir noch eine verlassene Fabrik direkt neben dem Bahnhof. Anschließend liefen wir von dort nach Sultera, einem Dorf, welches auf einem Berg thront und fast schon majestätisch wirkt – und die Aussicht von oben war auch wirklich spektakulär. Nach einiger Zeit ging es per Anhalter wieder zum Bahnhof und wir stiegen in der Abenddämmerung in den Zug zurück nach Palermo.
Nach einem weiteren Tag in Palermo fuhren wir wieder auf das Festland. Da ich einmal tagsüber erleben wollte, wie die Wagons auf die Fähren verladen werden, nahmen wir den IC um 07:05 Uhr am Morgen. Leider baute der Zug auf seiner Fahrt durch Sizilien eine Verspätung von einer Stunde auf, sodass Trenitalia entschied die Wagons nicht mit der Fähre überzusetzen. Stattdessen mussten alle Passagiere in Messina aussteigen und eine Passagierfähre fuhr uns über die Meerenge nach Villa S. Giovanni. Dort fuhr der Zugteil aus Siracusa pünktlich ab, sodass wir pünktlich in Napoli Centrale ankamen. Mit einem Frecciarossa ging es von dort aus noch weiter bis nach Arezzo, wo wir nach fast 13 Stunden ankamen.
In der Toskana waren wir 3 Tage auf dem Franziskusweg wandern. Am ersten Tag mussten wir dazu noch mit einer Nebenbahn nach Pratoveccio Stia fahren. Bei der Trenitalia wurde an diesem Tag gestreikt, da die Bahn von einem lokalen Bahnanbieter betrieben wird betraf uns das zum Glück nicht. Von Stia aus ging es in 3 Tagesetappen bis zum Kloster La Verna. Die Laubbäume hatten noch keine Blätter, sodass die Landschaft sehr karg aussah. Die hügelige, teils auch felsige Landschaft war trotzdem spannend anzusehen und immer wieder tauchten wunderschöne, verschlafene Ortschaften in den Tälern auf. Wir waren nahezu die einzigen Wanderer, uns begegneten jeden Tag nur eine Handvoll Wanderer und auch die ersten beiden Unterkünfte waren fast leer.
Am letzten Tag unserer Wanderung ging es nach Bibbiena, von dort aus fuhren wir mit dem Zug wieder nach Arezzo, wo wir eine weitere Nacht übernachteten. Am nächsten Tag ging es dann zurück nach Deutschland. Da wir mit dem langsameren, aber dafür auch gemütlicherem, IC anstelle einer Frecciarossas nach Milano kamen und eine Umsteigeverbindung durch die Schweiz wählten, zahlten wir für den ganzen Tag nur 3€ an Reservierungsgebühren für unser Interrail Ticket. Im IC innerhalb der Schweiz, mit dem wir durch den Gotthard Basistunnel fuhren, gab es sogar Stühle im Speisewagen. Das habe ich davor noch nie gesehen.
Mit dem Wetter hatten wir auch der Reise echt Glück. Am ersten Tag in Palermo hatten wir sagenumschreibende 28° während in der Toskana Hochwasseralarm herrschte. Als wir einige Tage später in der Toskana waren, wanderten wir in einer dreitägigen Regenpause, direkt danach schwenkte das Wetter wieder auf Regen zurück. Hier hat sich das Interrailticket echt ausgezahlt, da wir spontan entscheiden konnten, wohin die Reise gehen soll. Auch von den Zügen durch Italien, nicht zuletzt die großartigen Nachtzüge, war ich wieder einmal begeistert. In Italien macht das Reisen einfach Spaß, zumindest wenn man nicht in der Hochsaison unterwegs ist.
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